1112678325581901 6 Schritte für erfolgreiche Kunden-Interviews + Fragenkatalog Download – Better UX - Understands and Creates
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Kunden-Interviews führen, dieser Artikel ist für:

  • Gründer – Du möchtest einen neuen Service oder ein digitales Produkt auf den Markt bringen oder Deine jetzigen Kunden besser verstehen, damit Du Dein Angebot besser daran ausrichten kannst.
  • Designer, Produktmanager oder Entwickler – Du arbeitest an digitalen Services und Produkten. Du möchtest selbst in der Lage sein “User Research Interviews” zu führen und suchst hierfür handfeste und vor Allem umsetzbare Tipps.

 

Beginners-Guide: Hier kannst Du meinen Fragenkatalog für Kunden-Interviews herunterladen.

Warum ist es wichtig, seine Kunden und Nutzer besser kennenzulernen?

Viele Startups und Gründer hängen an ihren Produktideen, sie stecken viel Herzblut und Leidenschaft hinein. Allerdings scheitern auch überdurchschnittlich viele mit ihren Geschäftsideen, ich habe mal die Zahl 9 von 10 gelesen. Die Gründe sind vielschichtig, aber ein sehr entscheidendes Kriterium ist, dass das Produkt nicht auf die Kundenbedürfnisse einzahlt. Es findet keinen Markt. Ich denke, wenn man seine Ideen von Anfang an konsequent am Kundenbedürfnis entwickelt, kann das einiges ändern. Jede erfolgreiche Produktentwicklung durchläuft hierbei verschiedene Phasen. Zunächst sollte es immer darum gehen die Kunden und ihre Bedürfnisse wirklich zu verstehen.

Weg von der Theorie, ran an den Kunden!

Es gibt verschiedene Tools und Methoden, um die Kunden besser zu verstehen. Eines haben alle Methoden und Tools gemeinsam: Der direkte Kontakt mit dem Kunden ist entscheidend. Nur wenn wir mit unseren Kunden sprechen, können wir ihre wahren Bedürfnisse verstehen. Im englischen nennt sich diese Phase in der Produktentwicklung auch “Empathize”, ich finde das sehr treffend: Wir wollen durch Interviews leichter durch die Kunden- und Nutzerbrille auf unser Geschäft oder Angebot schauen. Nur durch Empathie gelingt erfolgreiche Produktentwicklung. Unser Ziel ist es dabei etwas von unseren Kunden über ihre Bedürfnisse, Probleme und Motivationen zu lernen. Die Ergebnisse aus Kunden- und Nutzerinterviews kannst Du am Besten zu einer Persona verdichten. Lies hier auch meinen Artikel über Personas. 

Lege Deine Ziele fest

Mach Dir vorher klar, was Du mit diesem Interview erreichen möchtest. Setze Dir 1-3 konkrete Ziele

  • z.B. Ich möchte herausfinden, welche konkreten Probleme und Sorgen die Menschen meiner Zielgruppe haben, so dass ich mein Angebot daran besser ausrichten kann.
  • z.B. Ich möchte verstehen, wie Menschen meiner Zielgruppe ihre Kaufentscheidungen treffen.
  • z.B. Ich möchte herausfinden, warum meine Nutzer an einer bestimmten Stelle im Kaufprozess auf meiner Webseite so oft abspringen.

Interview-Script vorbereiten

Du leitest Deinen Interviewpartner und gibst den Rahmen vor. Ein Interview besteht aus vier Komponenten. Erschaffe mit Deinen Interviewfragen eine passende “Storyline”. Es hilft sehr, wenn man sich ein Script inklusive Fragenkatalog erstellt. So kannst Du quasi eine Liste abarbeiten und Dich besser auf Deinen Interviewpartner konzentrieren. Außerdem sind die Ergebnisse aus mehreren Interviews später vergleichbarer.

  • Briefing 
  • Pre-Session Interview ( max. 3 Fragen)
  • Kernfragen, Technik: “Ask 5-Why´s” ( 3 – 5 Kernfragen)
  • Post-Session Interview (max. 3 Fragen)

Tipps zu Fragetechniken

  • Stelle Offene Fragen: So bekommst Du wertvollere Antworten. Vermeide Ja/Nein-Fragen. Gebe Deinem Interviewpartner die Chance, seine Geschichte frei zu erzählen. Nutze hierfür Phrasen, wie: Erzähle mir (mehr) von …, Wie hast Du das erlebt …
  • Lasse Fragen stehen und wirken. Dein Interviewpartner soll die Möglichkeit haben sich die Frage selbst zu erschließen.
  • Fordere Deinen Interviewpartner zum lauten Denken auf. (“Think-A-Loud-interview”)
  • Mache Pausen – auch wenn es schwer fällt. Pausen solltest Du nicht aktiv mit weiteren Erklärungen füllen.
  • Vermeide Suggestivfragen, d.h. Fragen die eine Antwort schon implizieren, z.B. findest Du nicht auch, dass … .
  • Fakten statt Meinung: Orientiere Dich an der Vergangenheit, um faktenbasierte Antworten zu erhalten. Vermeide aber: “Wie fandest Du …”. Besser: Frage nach konkreten Ereignissen und Situationen, Frage nach konkreten Beispielen.
  • Subjektive Sichtweisen vermeiden: Wenn es in Interviews um Ideen und Projekte geht, in die wir viel Zeit und Herzblut gesteckt haben, fällt es uns oft schwer, neutral zu bleiben. Auch Profis fällt es schwer, die eigene Meinung immer komplett außen vor zu lassen. Verboten sind alle Fragen, die den Interviewpartner in eine bestimmte Richtung lenken: Finden Sie nicht auch, dass … .

Plane die Umsetzung von Kunden-Interviews

1. Interviewpartner rekrutieren

Interviewpartner zu rekrutieren, kann eine großes Hemmnis sein. Als erstes sollte man sich von dem Gedanken lösen, das man Kunden oder Menschen seiner potentiellen Zielgruppe nervt. Denn: Die meisten Menschen freuen sich, wenn sie nach ihren Bedürfnissen und Problemen gefragt werden. Sprech gezielt Menschen Deiner Zielgruppe an. Wenn Du Kunden hast, kannst Du diese konkret fragen. Auch Social Media kann hilfreich sein: Mache einen Interview-Aufruf in einer passenden Facebook-Gruppe. Je nach Budget kannst Du auch einen Dienstleister mit der Rekrutierung von Interviewpartnern beauftragen. Du kannst Interviews persönlich führen, aber auch via Videokonferenz oder Telefon oder schriftlich via Email oder Instant Messaging.

Alternativ-Tipp: Neben Einzel-Interviews kannst Du z.B. auch Umfragen in Facebook-Gruppen erstellen. Umfragen bieten schnell belastbare Zahlen und sind weniger zeitaufwendig als Interviews.

2. Briefing

Das Ziel des Briefings ist es, dass Dein Interviewpartner sich in der Situation und mit Dir wohl und sicher fühlt. So dass er sich von Frage zu Frage mehr öffnen kann.

Du willst von Deinem Interviewpartner lernen und Neues erfahren, um ihn und seine Bedürfnisse und Probleme besser zu verstehen. Man nennt das auch “Meister-Schüler-Modell”. Es gibt demnach auch keine falschen Antworten: Mache also Deinem Interviewpartner am besten gleich zu Beginn deutlich, dass Du von Ihm lernen möchtest. Du bist derjenige, der vordergründig zuhören sollte. Du bist der Schüler. Am Anfang hilft es Dir und Deinem Interviewpartner einige Standards durchzuspielen.

  • Vorstellung: sage wer Du bist und was Du machst
  • Sage Danke: Bedanke Dich für die Zeit und sage, wie hilfreich das für Dich ist.
  • Stelle das Thema kurz vor und was Du Dir von dem Interview erhoffst.
  • Ablaufplan: Sage wie das ganze ablaufen wird, z.B. Ich habe 10 Fragen vorbereitet und das Ganze wird ca. 30 Minuten dauern.
  • Kläre, ob ihr euch Duzt oder Siezt.
  • Transparenz: sei transparent und treffe eine Vereinbarung über eine Audioaufnahme. Teste vorher die Technik, damit Du sicher bist, dass sie auch funktioniert.

Tipp: Nur mitzuschreiben empfiehlt sich nicht, Du wirst am Ende nicht viel notiert haben, mache unbedingt eine Audio- oder Videoaufnahme.

3. Pre-Session Interview

Deine ersten Fragen sollte möglichst einfach zu beantworten sein, stelle 3-5 Einstiegsfragen. Stelle Fragen zum Hintergrund Deines Interviewpartners, über persönliche Vorerfahrungen. Wenn Dein Interviewpartner den Einstieg leicht meistern kann, schafft das weiteres Vertrauen und Sicherheit.

  • z.B.: “Welche Social Media Plattform nutzt Du?”
  • z.B.: “Wie oft nutzt Du das Internet?”

4. Kernfragen, Nachfragen erwünscht – Ask 5-Why´s

Nun kommen wir zum Eingemachtem. Die meisten Menschen stellen eine Frage zu einem Thema und gehen dann zum nächsten Thema über. Ein guter Interviewer baut zu jedem Thema ein Netz von Fragen auf und variiert diese individuell. So kann das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden. Orientiere Dich an der Fragetechnik “Ask 5 Why´s”. Sei neugierig wie ein Kind und frage nach. Fragen Deinen Interviewpartner nach dem  “Warum” und “Wieso”. Frage so lange nach, bis Du das Gefühl hast, dass Du das Thema wirklich umfassend beleuchtet hast. Im Besten Falle kannst Du so die tieferliegenden Bedürfnisse, Probleme, Herausforderungen und Motivationen an die Oberfläche befördern. Insgesamt solltest Du circa drei Kernfragen vorbereiten, die Du jeweils mit Nachfragen weiter beleuchtest. Grundsätzlich gilt arbeite Dich vom Groben ins Detail vor. 

  • Was hast Du versucht, um XY zu erreichen?
  • Wie löst Du das Problem denn aktuell?
  • Was könnte an diesem Ablauf besser sein?

 

5. Post-Session Interview

Nach den gesteuerten Hauptfragen empfiehlt es sich, offen nach Wünschen und Meinungen rund um das Interviewthema zu fragen. Bedanke Dich für die Zeit und sage, dass Dir das auf jeden Fall sehr geholfen hat. Bespreche auch den weiteren Verbleib und kläre, ob Du bei Bedarf noch ein weiteres Mal auf Deinen Interviewpartner zukommen kannst.

6. Auswertung

Es empfiehlt sich mehrere Interviews zu führen, um individuelle Formtiefs, persönliche Unwägbarkeiten beim Interviewer oder Interviewpartner auszugleichen. Bereits mit 5 – 8 Interviewteilnehmern aus einer Zielgruppe wirst Du ein validierbares Ergebnis erhalten und hoffentlich Muster bei den Bedürfnissen, Problemen und Motivationen Deiner Kunden erkennen. 

Beginners-Guide: Hier kannst Du meinen Fragenkatalog für Kunden-Interviews herunterladen.

Tanja Rösner

Tanja Rösner

betterUX.de

Hi, ich bin Tanja. Ich bin UX Designer und Trainer für Usability und User Experience Design. Seit 10 Jahren gestalte und konzipiere ich kleine und große digitale Welten. Aktuell lerne ich viel über das „Entrepreneur-Dasein“ und das Online-Business und ganz nebenbei auch über mich selbst. Ich probiere gerne Neues aus und blogge hier über praxisnahe Tools und Methoden aus dem Design Thinking, meine Erfahrungen mit Remote Work, Entrepreneurship, Lean UX und agiles Development und Mindset.

Mal sehen, was mir sonst noch so einfällt.

Viel Spaß beim Lesen, Tanja